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Die Abenteuer eines Pianos
Interview mit Tomás Gutiérrez Alea

von Jaime Sarusky

"Tomás Gutiérrez Alea, von der internationalen Filmkritik als einer der hervorragendsten Cineasten des gegenwärtigen lateinamerikanischen Films angesehen und bedeutender kubanischer Filme wie ERINNERUNGEN AN DIE UNTERENTWICKLUNG (MEMORIAS DEL SUBDESAROLLO, 1968), DER TOD EINES BÜROKRATEN (LA MUERTE DE UN BUROCRATA, 1966), DAS LETZTE ABENDMAHL (LA ÚLTIMA CENA, 1976) und BIS ZU EINEM GEWISSEN PUNKT (HASTA CIERTO PUNTO, 1983) begann im Juli 1987 die Dreharbeiten zu einem Film, der auf einer Idee von Gabriel García Márquez beruht.

Jaime Sarusky: "Wie kam es zu diesem Zusammentreffen, zu diesem Projekt, das den kolumbianischen Erzähler und den kubanischen Filmemacher erneut zusammenführt, nachdem sie sich 1952, als sie beide in Rom Film studierten, kennen gelernt haben und Freunde wurden?"

Gutiérrez Alea (damals Titon genannt) berichtet, daß es sich um eine alte Idee handelt, die García Márquez (El Gabo) Tages im Hause des Dichters Eliseo Diego in Havanna zum besten gab. "Die Möglichkeit, einen Film über die Abenteuer eines Pianos zu drehen, das von einem Flughafen eines im Bürgerkrieg liegenden lateinamerikanischen Landes transportiert wird. Das Piano und seine Träger müssen Sümpfe, Berge und Urwald durchqueren - nur wegen des kapriziösen Einfalls eines Oligarchen. Um diesen Fakt herum spinnen sich Komplikationen und sogar eine Liebesgeschichte. Das ist genau die Welt von García Márquez. angefangen mit der Absurdität diese Pianos, dessen Transport die Mobilisierung von militärischen Kräften erfordert, was wiederum die Empfindlichkeiten oppositioneller Gruppen weckt. Es kommt zu eines Verschärfung der kriegerischen Aktionen und endet mit der Zerstörung des Landes: Das ist die Haupthandlung."

Jaime Sarusky: "Wie wurde daraus das Filmprojekt?"

Tomás Gutiérrez Alea: "Vor geraumer Zeit sagte ich García Márquez, daß ich den Stoff verfilmen möchte. Wir baten den Schriftsteller Eliseo Alberto Diego um seine Mitarbeit. Es ist eine Koproduktion zwischen Spanien, Frankreich und Kolumbien. Von der kubanischer Seite wirken noch der Kameramann Mario García Joya und einige Schauspieler mit. Aus Spanien kommen unter anderen die Darsteller Imanol Arias, Juan Echanove, Paco Rabal. Es gibt in dieser spezifischen Geschichte tatsächliche viele Züge, die meinen künstlerischen Empfindungen nahekommen, zum Beispiel den ironischen Ton. Er ermöglicht, eine bedeutungsvolle Geschichte zu erzählen. Ohne Sinn für Humor geht das nicht."

Jaime Sarusky: "Drückt auch der Titel des Films FÜR ELISE, diese Ironie aus?"

Tomás Gutiérrez Alea: "Ja! Und bisher haben wir ihn in Deutsch gelassen, wegen der kulturellen Bezüge. Es ist ein bekanntes Stück, und dieser Titel FÜR ELISE, bei einem lateinamerikanischen Film ist gleichzusetzen mit der Anwesenheit eines Pianos im Urwald. Irgendwie erinnert dieses Piano im Urwald an die Figur des Fitzcarraldo im gleichnamigen Film, einen Besessenen mit dem halluzinatorischen Unternehmen, im Urwald eine Oper aufzuführen. Es gibt wirklich Übereinstimmungen. Obwohl der Film erst jetzt gemacht wurde, ist die Idee von García Márquez um viele Jahre älter als die des genannten Films. FÜR ELISE ist eine Geschichte voller Andeutungen und sie ist sehr gut aufgebaut. Ich glaube aber, das Wichtigste ist folgendes: Die Geschichte ist zwar Teil der Welt von García Márquez, sie ist geprägt von seiner Sensibilität, aber es keine Geschichte, deren Grundwerte literarisch sind, so wie es bei 'Hundert Jahre Einsamkeit' der Fall ist."

Jaime Sarusky In: Film und Fernsehen Nr. 7 1988, S. 25-26



Letzte Bearbeitung VP 29.1.2016

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